Ein Streuner entdeckt Deutschland
Die Altmark - unendliche Weiten & Ruhepol
Die Entdeckung eines unbekannten, weiten, wunderschönes Landes, seiner Natur & Kultur
Mein erstes Jahr: Tag I - Mit dem Drahtesel die Grenzen dreier Bundesländer erfahren
Das Wendland ist inzwischen einigen ein Begriff, aber die Altmark? Ich musste es googlen, gelesen habe ich davon in einem der unzähligen Bücher. Sprichwörtlich in einem, was Orte/Regionen beschreibt, wo der Hund begraben liegt. Vorstellen kann ich mir unter dem kurzen Bericht nichts. Deshalb & wegen der abendlichen-abenteuerlichen Anreise bin ich ziemlich gespannt auf dieses Land, was eigentlich niemand kennt. Beeindruckt hat mich trotz einsetzender Dunkelheit das Nichts & die Tatsache, dass man trotz Fernlicht Sterne erkennen konnte. Ich freue mich darauf, etwas völlig Neues zu entdecken.
Meine Ferienwohnung befindet sich in Pollitz, in einem alten Gutshaus. Es ist wunderschön & liegt direkt am Aland, wie mir die Karten schon verraten haben. Die Wohnung selbst ist genau meins & ich fühle mich direkt heimisch.
Auch wenn der Tag grau in grau beginnt (& bleibt), nehme ich mir den zur Verfügung stehenden Drahtesel, um das Umland zu erkunden. Nach all meinen Mountainbike-Jahren ist so ein Hollandrad mit drei Gängen & Rücktritt schon arg gewöhnungsbedürftig. Vor allem mit Kamera & Rucksack. Von außen betrachtet sieht es sicher wie mein erstes Mal Radfahren aus. Der Drahtesel & ich müssen also erst noch warm werden. Direkt hinter dem Haus beginnt die Aland-Elbe-Niederung. Nichts, soweit das Auge reicht. Da ich auf einem Deich stehe, kann ich das ganz gut beurteilen. Der Radweg schlängelt sich mit dem Deich durch die Landschaft, am Aland, an weiten Wiesen & kleinen Wäldchen entlang. Mir entgeht nicht die absolute Stille, lediglich durch Vogelrufe unterbrochen. Ein Mäusebussard sitzt im Baum & sucht das Weite, als ich ihm zu bunt werde. Ich folge dem Weg bis nach Wanzer, dem nächsten Örtchen Richtung niedersächsische Grenze, Grenzdorf. Ebenfalls ruhig & ein bisschen wie aus einer anderen Zeit. Die Kirche gefällt mir. Ich bin aber eher auf tierische Besonderheiten aus, weshalb ich kein Foto vom Ort mache. Auf einer großen Brücke überquere ich den Aland & sehe den ersten Silberreiher. Mir gefallen die dunkel-grünen Farben & sein weißes Gefieder im Kontrast dazu. Ruhig liegt der Aland da. In seinem weiterem Verlauf sehe ich immer wieder die Silberreiher, sie sind nur so unheimlich scheu. Zudem macht der Drahtesel ein (lautloses) Anhalten schwer, das muss ich definitiv noch üben. Neben den Reiher sind auch die winter-gastierenden Enten & Gänse zu sehen. Immer noch das weite Land um mich herum. Und dann fliegt über mir mein erster Kranich. Und Gänse, viele Gänse.
Ich folge einem Weg Richtung Elbe, über Kolonnenwege, Panzerplatten, mit dem Rad mächtig huppelig & nicht unbedingt das angenehme Fahren. Der Feldweg mit echt großen Löchern in den Panzerplatten wenig später wird zum Balanceakt. Schafft man es nicht & fährt durch die Löcher, kann man froh über etwas Federung sein. Bei meinem Drahtesel eher weniger. Der Weg endet zwischen Wiesen & Weiden, direkt an der Elbe. Ich bin sofort fasziniert von diesem Fluss. Er liegt so ruhig, so friedlich dar. Noch nicht mal die Strömung ist zu erkennen. im Wasser spiegelt sich der Himmel, es ist so wahnsinnig beruhigend, ich mache erst einmal eine Pause. Rechts von mir, ein paar Rinder, die wenig später sogar in der Elbe stehen. Hier geht das wohl noch.
Plötzlich sind die Vögel in Aufruhr & dann erscheint er. Er sieht so mächtig aus, ich bin hin & weg. Ein Seeadler. Der schimpfende Eisvogel ein paar Minuten später wirkt dagegen winzig.
An diesem Tag hat keins der Bilder eine wirklich gute Qualität, aber hinterher ist mir das ziemlich egal - weil ich trotzdem den Moment einfangen konnte, sei es der Seeadler oder vorbeiziehende Gänse. Super scharf ist keins, aber jetzt im Nachhinein kann ich gut damit leben - schließlich habe ich die Vögel bzw. Tiere ja mit eigenen Augen gesehen. Rein zufällig.
Enten & Gänse sind in ständiger Bewegung, während ich die Ruhe genieße & mich von diesem Ort kaum trennen kann.
Ich schwinge mich wieder aufs Rad & fahre den holprigen Weg zurück. Auf einer Aland-Brücke fühlen sich Lachmöwen heimisch. Mir gefällt, wie sie da so aufgereiht auf dem Geländer sitzen. Es bleibt nur nicht aus, dass ich sie in Aufruhr versetze. In einem kleinen Bogen geht es nach Schnackenburg. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich ein Mäusebussard ist, er sieht anders aus, leider sind die Fotos nicht ganz so aufschlussreich. Vielleicht weiß es jemand besser als ich? Über ein Feedback freue ich mich. Nach wie vor bin ich von den Silberreihern fasziniert. Genauso wie von den herbstlichen Farben, die die Landschaft malt. Trotz des Graus mag ich diese Stimmung, die sie erzeugen. Es ist einfach nur so friedlich. Auf einem Feld sind zwei Kraniche unterwegs, wie groß sie sind. Und stolz. Und wunderschön. Die Enten, es müssten Pfeifenten sein, sind sehr scheu & achten sorgsam auf den richtigen Abstand zu mir.
Noch ein paar Pfeifenten & ein Silberreiher später erreiche ich schließlich Schnackenburg. Es ist die kleinste Gemeinde mit Stadtrechten in Niedersachsen & eine der kleinsten Städte in Deutschland. Hier gibt es einen Hafen, ein Grenzmuseum, geschlossene Cafés/Gastwirtschaften, sehr hübsche Häuser & eine Fähre, die auf die andere Seite der Elbe übersetzt. Ich würde behaupten, die Lage dieser Stadt ist besonders. Zum einen grenzt sie an Sachsen-Anhalt & am anderen Ufer der Elbe befindet man sich schon in Brandenburg. Drei-Länder-Eck. Das hat schon was & die Stadt ihren eigenen Charme. Viele Menschen sind nicht unterwegs. Trotz Sonntag. Am Hafen steht ein Aussichtsturm, der einen tollen Aussicht auf Stadt, Land & Fluss bietet. Ich komme nicht umhin, diese Weite hat mich in ihren Bann gezogen. Ich entscheide mich für die Fähre & bis zur nächsten Brücke zurück zu radeln. Für den Fährmeister scheine ich heute mit meinem Drahtesel eine Ausnahme zu sein. Er fragt mich, wohin ich denn noch wollen würde bei dem Wetter. Und ich nur ganz leichtfertig, bis zur nächsten Brücke. Na dann, gute Fahrt, sagte er. Später weiß ich, dass die Frage nicht ganz unberechtigt war. 20km mit dem Drahtesel können weit werden.
Heute morgen in Sachsen-Anhalt, eben in Niedersachsen & jetzt in Brandenburg. Heutzutage bedeuten Landesgrenzen nichts mehr. Ich empfinde es nach wie vor faszinierend, Grenzen (egal welche) einfach zu überqueren. Also radel ich jetzt halt weiter durch Brandenburg. Ein Turmfalke, ein Eichelhäher, ein Mäusebussard, die Elbe, Rinder am Sandstrand. Es gibt so wahnsinnig viel zu sehen, wenn man denn hinsieht.