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Die Einzigartigkeit der Böhmischen Schweiz

Blu & die Höhle der böhmischen Brüder
Blu & der Aufgang zum Prebischtor
Blu & das Prebischtor
Blu & die Kähne in der Edmundsklamm
Blu & die Kamenice
Blu & Hrensko

Es ist der erste Tag im Elbsandsteingebirge als Teil meines Ost-Roadtrips. Ich möchte das Grenzland besuchen, Hrensko, das Tor zur Böhmischen Schweiz. Meine Abfahrt verzögert sich etwas, liegt aber noch im Rahmen. So sieht das hier also bei Tag aus, bei meiner Ankunft war es schließlich schon dunkel. (Hoch-) Neblig ist es, das macht aber nichts. Ich mag das. Exy fährt wieder alternative Wege, sind das wirklich Straßen? K8724... Ja, dann. Nicht ganz so krass wie im Schwarzwald, aber sehr nah dran. Fernab der touristischen Ziele sieht man deutlich, dass hier nicht die Best-Verdiener leben. So klischeehaft das auch klingt, es sieht genau so aus, wie man es sich im tiefsten Osten vorstellt. Wo wir ja eigentlich auch sind. Einige Örtchen & gefühlt 45% Gefälle (tatsächlich 15% oder so) später, erreiche ich Kohlmühle. Und was bitte ist das für ein riesiges, aber stark zerfallendes Industriegebäude? Eine stillgelegte Linoleumfabrik, unter Denkmalschutz gestellt. Bad Schandau sieht am Ortseingang noch nicht so toll aus, aber unten an der Elbe definitiv - was für hübsche Häuser/Villen/Pensionen - Elbchaussee in klein? Hinter Schmilka liegt die Landesgrenze, ein ehemaliges (?) Zollgebäude thront hier & zack, ist man in Tschechien. Was man (natürlich) sofort sieht. Hrensko liegt direkt an der Grenze, ich bin zugegebenermaßen anfangs überfordert, wo ich parken soll. Keine fünf Kilometer von Deutschland entfernt verstehe ich kein Wort mehr. Am Ende parke ich aber auf einem 5€-Parkplatz & alles ist gut. Hrensko heißt auf Deutsch Herrnskretschen, furchtbare Übersetzung, Hrensko gefällt mir besser. Die Edmundsklamm lasse ich liegen & wandere in Richtung Prebischtor. Anfangs ist mir nicht klar, dass das DAS Ausflugsziel ist. Der Weg geht erst an der Straße entlang, ruhig ist's hier. Ich bin wohl auch das erste "ausländische" Auto hier. An der Bushaltestelle zur Abzweigung sitzen zwei junge Menschen, sie reden Englisch. Glaube ich zumindest. Es geht nun bergauf, fast 300 Höhenmeter. Aber kein Problem, ich war doch letztens in der Schweiz, das ist ja nix dagegen. Bewahrheitet sich auch. Der Weg ist nicht schwer zu laufen, außer der Teil mit dem "Kopfsteinpflaster", die Wegbefestigung von vor über 150 Jahren, als das Gebiet touristisch erschlossen wurde. Rechts, bunter Buchenwald. Links, Fichtenwald. Die riesigen Felsformationen lassen sich schon erahnen.

Ich bleibe nicht lange allein. Wieso müssen eigentlich alle so laut sein, wenn sie zusammen unterwegs sind? Es ist sandig hier. Noch schwanke ich, welche Schweiz die schönere, diese oder die in Luxemburg. Noch liegt Luxemburg vorn. Am Olgasturz geht's über kleine Brücken serpentinenartig bergauf. Sieht klasse aus. Der Herbst hat die perfekte Farbe. Und das grau-neblige Wetter passt. Auch, wenn dadurch der Himmel langweilig-weiß wirkt & erhöhte Verwacklungsgefahr aufgrund niedriger Verschlusszeiten herrscht. Relativ schnell bin ich an der ersten Felsformation angelangt - es ist das Prebischtor, auch wenn mir das noch nicht ganz klar ist. Das Verkehrsaufkommen nimmt zu, ich mache erst noch einen Abstecher zur Höhle der Böhmischen Brüder, einst wohl die Zufluchtsstätte einiger Einheimischer in kriegerischen Zeiten. Und die ist wirklich beeindruckend. Dass dieses Gestein doch so widerstandsfähig ist. Die ganzen Löcher kommen wohl nicht von Wind & Wasser sondern vom Ameisenlöwen, der Larve der Ameisenjungfern (einem nachtaktiven Netzflügler), die sich ins Gestein eingräbt & wohl vorbeilaufende Ameisen & ähnliches  schnappt.

Wenig später stehe ich dann am Prebischtor & so langsam kommt mir wieder in den Sinn, was das denn ist. Und ich staune nicht schlecht. Die größte, natürliche Felsenbrücke Europas ist wirklich faszinierend. Kaum zu glauben, dass der Sandstein bis zum heutigen Tage an manch extrem dünn wirkenden Stellen gehalten hat. Das Tor besteht aus zwei Felsen, weshalb es schon so lange diese Brücke bilden kann, ohne einzustürzen. Einst konnte man hierüber laufen, was aber schon bzw. noch zu DDR-Zeiten eingestellt wurde. Sehr schade. Das alte Gaststättengebäude verleiht der Kulisse etwas mystisches, geheimnisvolles, es ist großartig. Das gefällt mir wirklich gut. Auch wenn gefühlt alle regelrecht hierhin pilgern. Erst will ich die 3€ Eintritt nicht bezahlen, doch nur drinnen gibt es Postkarten. Das ist im Nachhinein der einzige Grund, weshalb ich den Eintritt doch zahle. Es wäre ein riesiger Fehler gewesen, es nicht zu tun.

Es gibt hier insgesamt drei verschiedene Aussichten & die sind alle der Wahnsinn. Ich kann es kaum in Worte fassen, diese Felsen sind so mächtig, einfach alles wirkt dagegen so klein. In Kombination mit dem so schön gefärbten Herbstlaub & der nebligen Stimmung ergeben sich Bilder, die genau so perfekt sind. Auch wenn man nicht so weit gucken kann, der Aufstieg hat sich alle mal gelohnt. Und der Eintritt sowieso. Hinter dem Prebischtor liegt ein Felskessel, ich fühle mich so winzig, wenn ich bedenke, wie groß die Bäume da unten sind. Das muss man gesehen haben & zwar jeden begehbaren Winkel dieser mutmaßlichen Bastei Tschechiens. Über 100000 Besucher kommen hierher, von April bis Oktober. Das merkt man ja gar nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass hier die meisten Wanderfalken leben. Und noch so der ein oder andere Spezialist. Die Nationalpark-Schilder (denn in so einem befinden wir uns hier) sind klasse geschrieben, Respekt an die Tschechen. Die haben übrigens Ferien. Wie ich so feststelle.

Ich verbringe hier weit mehr Zeit, als ich ursprünglich eingeplant hatte. Ich kann mich kaum von den Aussichten losreißen, zu sehr passt gerade einfach alles zusammen. Am Schluss kaufe ich noch meine Postkarten (was ein guter Grund, Eintritt zu zahlen!). 1,20€ für die Kunstpostkarte, 40 Cent für die normalen, das ist mal günstig. Und dabei sind die Karten neu & modern. Das kommt ja nicht immer allzu häufig vor. Ich betrete noch das Gasthaus für einen Toiletten-Stopp, was ein altes Gemäuer. Das erste Wirtshaus wurde ja auch vor fast 200 Jahren erbaut. Dann ergreife ich aber doch die Flucht vor den zahlreicher werdenden Touris. Aber nicht ohne noch einmal auf dieses imposante Naturbauwerk zurückzuschauen.