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Die Sächsische Schweiz - Felsen, Wald & mehr

Wenn Bastei & Rauenstein in den Launen des Wetters ihre ganze Schönheit entfalten

Blu & die Elbe bei Rathen
Blu & der Rauenstein
Blu & die Bastei im Nebel
Blu & Wehlen
Blu & die Bastei am Abend

Der Tag beginnt sehr früh, um zehn vor sechs verlasse ich bereits das Haus, der Himmel ist klar & es ist saukalt, unter null Grad. Ich habe schon (oder noch) die Hoffnung, keinen Nebel zu erwischen, werde dann aber doch schnell eines Besseren belehrt. Und das sehr extrem & unvorbereitet. Selten bis gar nicht habe ich so einen Nebel erlebt, die Sichtweite befindet sich weit unter 50 Meter, eigentlich weiß ich gar nicht, wo die Straße ist. Habt Nachsicht mit mir, ihr einheimischen Berufspendler, ich kenne mich hier selbst im Hellen nicht aus, verpasse sogar fast die Bastei-Ausfahrt. Die Straße erahne ich nur, schleiche so vor mich hin & bin heilfroh, auf dem Parkplatz anzukommen. 5,50€ für den ganzen Tag... Augen zu, Karte durch. Ein paar Wagen stehen schon hier (wir haben wohl ähnliche Ideen gehabt), sogar einer aus RE, einer der seltenen NRWler. Es ist wirklich kalt & ich bin froh über die Leggings & meine Mütze. So, wo geht's denn jetzt zur Bastei? Ah, den Highway entlang. Dicke Suppe, 365 Grad um mich herum. Obwohl der blaue Himmel oben zu sehen ist. Es ist schon dämmrig, verlaufen kann man sich hier nicht. Ah ja, ein Hotel, diverse Gastronomiebetriebe, ein Souvenirladen, das volle Touri-Programm. Na gut. Endlich erreiche ich die Bastei-Aussicht. Und... sehe nichts. Das eigentlich Witzige daran ist: Ich weiß noch nicht einmal, was nicht zu sehen ist. Ich habe den Ort ja noch nie in real gesehen. Nur, dass die Elbe irgendwo weit unter mir liegt, weiß ich. Aber, das ist was besonderes, denn wann steht man schon einmal in so dichten Nebel an so einem coolen Ort? Irgendwie finde ich das gut, obwohl ich mir den Morgen anders vorgestellt hatte. Kaum zu glauben, ich stehe endlich auf der Bastei-Brücke, die ich schon unzählige Male auf Bildern gesehen habe. Und jetzt bin ich hier, wahrhaftig, in Echt. Auch wenn sich die Brücke eher nur erahnen lässt.

Aufgrund des Nebels kann ich ihr Ausmaß nicht ganz einschätzen. Wieso auch immer hatte ich sie mir größer vorgestellt. Ich gehe über die Brücke & freue mich darüber wie ein Schneekönig. Die benachbarte Felsenburg Neurathen nutze ich für weitere Bastei-Nebel-Blicke. Es ist ziemlich cool, dass man die größte mittelalterliche Felsenburg der Sächsischen Schweiz auf Vertrauen-Zahl-Basis betreten darf. Das werde ich respektieren & entsprechend honorieren. Aber erstmal möchte ich mir das ganze Areal ansehen. In der Theorie ist die Aussicht auf die Bastei echt klasse. So ist sie halt... anders. Ich mag die Wege, die sich zwischen & über den Felsen entlangschlängeln. Hier sehe ich auch die ersten Profi-Amateur-Fotografen, die wohl ähnlich wie ich auf einen spektakulären Sonnenaufgang hofften. Nur ich finde den Nebel auch ganz attraktiv. Zum auf-einer-Stelle-der-Dinge-harren wäre es mir eindeutig zu kalt. Und aussichtslos, ha, Wortwitz. Was ist denn das da auf dem Felsen? Steht da etwa jemand? Und wenn ja, wie ist er da hingekommen? Später weiß ich, es ist eine Metallfigur.

Extra: Die Bastei im Nebel

Ich nutze natürlich jede Aussicht, auch ohne die eigentliche Sicht. Für den "normalen" Betrachter ist es vermutlich immer derselbe Nebel ist, für mich ist es das definitiv nicht. Schließlich verändert sich das Licht dank des inzwischen vonstatten gegangenen Sonnenaufgangs stetig. Die Bilder gefallen mir, hoffentlich sind sie scharf. Auf einem Aussichtspunkt stehen mehrere Fotografen. Ein Typ, der ebenfalls schnell das Weite sucht, sieht meinen zweifelnden Blick & grinst. Das liebe ich ja, Fotografen-Ansammlungen. Nichtsdestotrotz ist der Blick von hier echt cool, man kann die Felsen erahnen. Einer der Profi-Amateure sagt zu seiner Frau/Freundin: Ach, Schatz, das hat sich doch gar nicht gelohnt, wären wir mal lieber Frühstücken gegangen. Bitte was? Wie kann man denn zu so etwas Einzigartigem "nicht lohnenswert" sagen? Ich halte nicht ganz so viel von de Leuten, die sich nur auf ein bestimmtes Bild konzentrieren & das große Ganze drumherum gar nicht mitbekommen. Ein Sonnenaufgang ohne Wolken oder Tiefnebel wäre auch nicht wirklich lohnenswert gewesen, Herr Kollege... Damit komme ich gar nicht zurecht. Ich gehe wieder zurück zur Bastei, ich glaube nicht daran, dass es so schnell aufklaren wird. Deshalb fasse ich den Entschluss, heute Nachmittag, auch mit Massen, mal zu schauen, wie es denn hier eigentlich so aussieht. Ich schaue der Taube zu, wieso auch immer fasziniert sie mich, wie sie da am Abgrund steht & eigentlich auch nicht mehr sieht als ich. Oder?

Es ist kurz vor acht, ich muss los, also zurück zum Parkplatz & rechts ab zu den Schwedenlöchern. Auch der Wald ist neblig, die Spinnenweben angewässert. Die Schwedenlöcher sollen eine klammartige Felsschlucht sein, die ihren Namen wohl diversen Fluchten der Einheimischen vor Kriegen, u.a. mit den Schweden, zu verdanken hat. Am Eingang treffe ich, natürlich, einen Fotografen. Ich frage ihn nach der Aussicht, die ich zuvor ausgelassen hatte. Die lohne sich nicht, es sei zu neblig, ansonsten schon. Er schaue jetzt nach dem Nebel & dann vielleicht in einer Stunde noch einmal nach der Aussicht. Okay... Mach das. Und dann betrete ich die Schwedenlöcher, ich bin zutiefst beeindruckt. Es geht in einer Tour steil bergab, rechts & links ragen riesige Felsen hervor, alles ist moosbewachsen, dunkel, leicht neblig. Ziemlich einzigartig. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die Wichtel. Oder die Kobolde.

Der Fotograf kehrt zurück & sagt irgendetwas von wegen, es bringe nichts, es sei die falsche Seite. Ehm ja, ich weiß nicht ganz, was er meint. Denn ich finde es hier ziemlich großartig. Vielleicht, weil ich es nicht kenne. Wobei ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass ich es jemals so langweilig empfinden könnte wie der... Schräg. Es geht als weiter bergab, so viele Treppenstufen, zum Teil durch enge Spalten, sehr cool. Ich stehe in einer solchen Schlucht & widme mich den Makroaufnahmen von Moos, als über mir etwas recht laut ist. Ein Mensch kann es eigentlich nicht sein, da ist absolut kein Weg. Starren & warten. Da kommt es. Ein Fuchs? Könnte auch locker als Wolf durchgehen. Ich bin mucksmäuschenstill, aber weder sehe noch höre ich ihn wieder. Vielleicht hat er seinen Bau dort oben. Seltsam. Ich gehe weiter, nach gefühlt 1000 Treppenstufen erreiche ich den Amselgrund. Also das war mal cool. Zumal so allein & so still. Einzig ein Schwarzspecht klagte mal kurz sein Leid. Bei einer kurzen Pause wäge ich ab, ob sich ein Abstecher zum Amselfall lohnt. Der sieht echt gut aus, aber Gastronomie & Infogebäude sind wegen möglicher Felsstürze gesperrt. Es wurde zwar ein Durchgang geschaffen, aber man möge sich bitte nicht zu lange in diesem Bereich aufhalten. Dann lasse ich das mal lieber sein.

Ich erreiche wenig später den Amselsee. Ein Eisvogel schreckt auf, fliegt aber nicht komplett weg. Er sitzt da & zack, in Wasser, Fisch erjagen, zurück auf "seinen" Ast. Wow. Es ist das erste Mal, dass ich das erlebe. Ein zweiter Anlauf, er fliegt ein, zwei Meter weiter, aber immer noch nicht weg. So sitzt er da auf einem Ast & starrt ins Wasser, es mutet fast nachdenklich an. Und er bleibt, obwohl er weiß, dass ich da bin. Und ihn sehe. Wowwowwow. Irgendwann rast er aber doch lautlos von dannen. Wenig später holt mich ein Wanderer ein. Timing. Auf dem Amselsee bildet sich Nebel. Der sich leicht bewegt. Was cool aussieht. Im Wasser schwimmen hübsche Fische. Forellen? Wenig später erreiche ich schon Rathen, genauer gesagt - Niederrathen. Kurort. Der Sperrmüllabholer hat wahrlich gute Laune. Da würde ich doch auch sofort anfangen. Die Häuser hier sind entweder wirklich hübsch oder absolut baufällig - meistens trifft ersteres zu. Groß ist das Örtchen nicht. Und eine Sackgasse. Es geht nur zu Fuß via Fähre weiter.

Am Elbufer ist es noch immer nebelig, was mich nicht überrascht. Die Elbe selbst ist ruhig, sie hat einen normalen Pegelstand. Später in Wehlen sehe ich, dass wir hier bei Flusskilometer 26 sind. Was ich kaum glauben kann. Die Fähre funktioniert ohne alles., nur durch Strömung & Ziehseilen. Lautlos gleiten wir über das Wasser. Auf der anderen Seite ist ebenfalls Rathen. Nur nicht so hübsch. Am Bahnübergang muss ich warten, die Touri-Info hat bereits zu (Saisonende). Ärgerlich. Jetzt geht es bergauf, Richtung Rauenstein, vorbei an hübschen Ferienwohnungen & einem SO, ein NRWli, selten dieser Tage. Das Wetter wird besser. Ein riesiges Haus (sicher einst ein Ferienheim oder sowas) steht leer & sieht dabei toll aus, das Gartentörchen ist halb offen, aber ich traue mich trotzdem nicht hinein. Den ersten Teil des Berges lege ich schnell zurück, die Sonne kommt raus, zack, warm. Am Laasenhof ziehe ich mich erstmal um, Leggings aus, Mütze gegen Hut eintauschen, schon besser. Der Weg führt durch den sonnigen Wald, runter, rauf. Bald nur noch rauf. Ältere Herrschaften begegnen mir, ansonsten ist es ruhig. Am Rauenstein befindet sich für die Gastwirtschaft ein Lastenaufzug, alles andere nehmen bitte die Treppe. Und die ist ewig lang. Zwei Damen kommen mir entgegen & verraten mir, dass die Gastwirtschaft sogar geöffnet hat. Es würde sich lohnen. Und die Aussicht? Noch nicht ganz, es dauert noch etwas. Dabei scheint hier doch schon die Sonne. Aber je höher ich die Treppen steige, desto eher kommt der Hochnebel zurück. Vielleicht wähle ich doch die Gaststätte. 

Aber irgendwie sagt mir das mit der Gaststätte nicht zu. Ohne es zu sehen, weiß ich, dass sie mir zu voll ist. Obwohl es fast schon ein historischer Ort ist, sie steht hier schon seit über 100 Jahren. Ich schaue mich um, ah, ein Aussichtspunkt, schön, Karma siegt. Und so stehe ich da & schaue rüber zur Bastei & dem Elbsandsteingebirge, gerade noch leicht hochneblig, aber blau-weißer Himmel. Dann klart es urplötzlich auf & alles ist zu sehen, mit dem besagten blauen Himmel & weißen Wölkchen. Wie gut ist das denn bitte? Es sieht so großartig aus. Eigentlich ohne Worte. Was für ein Zufall. Nur kommen auch immer dann genauso schnell die anderen Wanderer bzw. ganze Grüppchen. Ich steige kurzerhand übers Geländer & mache ein paar Meter abseits des Trubels Pause. Schön in der Sonne. Die auch den Nebel auf der anderen Seite langsam, aber sicher verscheucht. Timing. Aber ruhig ist wirklich etwas anderes, also breche ich wieder auf.

Ach, schon wieder Treppen. Und eng. Ich nehme an, es ist "nur" eine weitere Aussicht. Falsch gedacht. Es ist zwar auch eine Aussicht, aber vor allem ist es der Weg - denn ab jetzt geht es über den Rauenstein. Auf & ab, mit jeder Menge Aussichten, Ansichten, Weitsichten. In alle Himmelsrichtungen. Noch dazu abenteuerlich. Stufen, Treppen, Felsen, Klettern. Für mich reichlich unerwartet, aber richtig gut. 

Am Ende des Steigs wartet noch eine atemberaubende Aussicht über das Elbsandsteingebirge von Wehlen bis Rathen. Ich stehe einfach nur da & bin in diesem Moment so unendlich dankbar. Egal, wie viele Probleme ich habe & welche Geldsorgen mich nachts plagen, das hier ist es wert. Ich würde es sonst niemals sehen. Vielleicht irgendwie & irgendwann anders. Aber genau das hier macht mein Leben so lebenswert. Mir kommen fast die Tränen bei der Erkenntnis & bevor es zu sentimental wird, gehe ich - hinein in den so schön sonnigen Wald mit den leuchtenden Buchen & der angenehmen, einzigartigen Wärme dieser Jahreszeit.

Nach dem Abstieg steht man in Pötzscha, einem Ortsteil von Wehlen mit sehr hübschen Ferienwohnungen. An der Elbe klappt das mit den Touris scheinbar gut, nur im Hinterland weniger. Was man eben doch leider öfters sieht. Der Bahnübergang schließt, als ich ankomme. Ja klar. Mindestens fünf Minuten warte ich. Bis der erste Zug kommt, die S1 Richtung Tschechien; dann bis der zweite Zug kommt, die S1 nach Meißen. Endlich gehen die Schranken wieder auf. Wenig später gelange ich zum Elbufer. Sie schön sieht die Elbe jetzt aus, alles spiegelt sich - Wehlen, Berge, Wolken. Fährmann, fahr du ruhig. Ich muss das hier erst einmal fotografisch dokumentieren. Und dann warte ich einfach hier auf dich. Die Fähre gehört zum Nahverkehrsnetz, die Nationalpark Linie. Das ist ja witzig. Wehlen sieht wahnsinnig hübsch aus. Nur die Postkarten nicht. Die Menschen hier haben einen recht pragmatischen Humor. Aber sie mögen es, wenn man freundlich ist & auf sie eingeht. Dann meinen sie auch, was sie sonst vielleicht nur aus Höflichkeit tun, z.B. einen schönen Tag wünschen.

Ich besichtige noch die Burg, eher gesagt die Reste, die noch übrig sind & genieße den Ausblick über die Elbe. Die Nachmittagssonne taucht alles in ein wunderschönes Licht. Aber ich muss weiter, zurück in Richtung Bastei, wenn ich sie noch bei vollen Tageslicht sehen möchte. Der Steinrücken-Weg geht gut bergauf, den wollte ich eigentlich nicht nehmen. Egal. 14 Uhr, ich liege gut in der Zeit. Doch es wird schon wieder frischer & das Licht schlechter. Der Malerweg, interessant. Inzwischen weiß ich, dass es DER Weg der Sächsischen Schweiz ist. Was bedeutet eigentlich romantisch bei Wanderwegen? Vielleicht die Lust am Wandern, das gute Gefühl, was damit einhergeht, keine erzwungene Wanderung. Eine Vorstellung aus anderen Jahrhunderten, die bis heute anhält. Ein Teil des Weges ist mit Steinen befestigt, könnte das auch ein Malerweg-Ding sein? Es ist insgesamt weniger los, als ich erwartet hatte. Nur der Rauenstein war ein Hotspot, aber wem kann man das verdenken. Der Steinerne Tisch ist wirklich ein Stein-Tisch, der anlässlich eines Festessens zur Jagd von August dem Starken erbaut wurde. Ein Gasthaus existiert so wohl nicht. Zumindest nicht heute. Zumindest seit einiger Zeit nicht mehr. 

Es dauert nicht mehr lange & ich bin zurück an der Basteistraße, gleicher Ausgangspunkt wie heute Morgen, jetzt sieht man aber mehr. Bevor man über die Touri-Anlage zur Bastei kommt, gibt es noch die Wehlsteinaussicht. Die hatte ich morgens ausgelassen, jetzt lohnt sie sich. Beeindruckend, diese riesigen Felsen. Weiter, vorbei an dem Schweizer Haus, eine Postkarte kaufe ich noch, dann erst einmal die Menschenmassen begutachten. Das inspizieren, was ich heute Morgen nur erahnen konnte. Und endlich diese Wahnsinns-Aussichten sehen! Es bedarf eigentlich nicht vieler Worte, dafür sind die Bilder zu einprägsam.

Extra: Die Bastei im abendlichen Sonnenschein

Die Elbe, so schön. Die Steine, so riesig. Die Abgründe, so tief. Das Licht, so warm. Die Fotos, so zahlreich. Ich mache natürlich auch die "typischen" Touri-Fotos, aber wer kann diesen Anblicken denn widerstehen. Das ist viel zu schön, um wahr zu sein. Ich esse mir noch ein Softeis & plausche mit der Verkäuferin. Die Besucher hielten sich heute in Grenzen, der Nebel sei erst gegen halb elf verschwunden. Na, da habe ich doch alles richtig gemacht. Was habe ich heute für ein Wetter-Glück. Vielleicht nicht das Erhoffte, aber definitiv das Überraschende & Imponierende.

Die Bastei ist zurecht das Wahrzeichen dieser wunderschönen Gegend, so prächtig, erhaben, großartig. Ein kleines, großes Meisterwerk. Sie sieht atemberaubend im abendlichen Licht aus. Ich kann mich kaum trennen, aber irgendwann muss ich dem doch anstrengenden Tag seinen Tribut zollen & diesen Ort verlassen. Aber 70 Cent für die Toiletten & 90 Cent für die Postkarten unterstütze ich nicht! Leider hat der Kiosk am Parkplatz schon zu, seine Postkarten-Auswahl hätte ich gerne noch einmal begutachtet. Die 5,50€ Parkgebühr haben sich für ganzen 10,37 Stunden doch gelohnt. Ich kann diese vielen Bilder kaum verarbeiten. Unglaublich, diese Felsen, diese Aussichten. Man muss es einfach erlebt haben. Der Sonnenuntergang war übrigens auch nicht super spektakulär oder wie der Typ vom Nebel-Morgen sagen würde: Nicht lohnenswert. Der Scherzkeks.

Unterwegs zwischen Kirnitzschtal & Schrammsteingebiet - Panoramawege & Massentourismus-Umgehung

Unterwegs im Kirnitzschtal - Frostiger Panoramaweg & eigene Wege abseits des Trubels

Heute scheint es nicht neblig zu sein, der Sonnenaufgang aber wahrscheinlich auch nicht das Highlight. Dafür ist alles gefroren, es ist der erste Frost dieses Jahr. Minus 5 Grad, XX ist zugefroren. Und das so fest, dass mir warm wird. Heute fahre ich mal einen anderen Weg, die Frostlandschaft ist so schön anzusehen. Na, Schafen, ist's denn kalt? Überfahre fast einen Grünspecht. Natürlich ausgerechnet einen Grünspecht. Das einsame Haus auf dem Berg würde ich auch nehmen, der muss ja eine Wahnsinnsaussicht haben. Die habe ich allein schon auf der Straße. Ich bin der Erste auf dem Parkplatz, den ich fast verpasst hätte. Leider bietet der keinen Mülleimer für meinen Snack, die Banane. Ich verscharre sie im Boden & hoffe, dass es mir niemand übel nimmt. Da hat jemand im Wald übernachtet, Gott, muss das kalt gewesen sein... Den frostigen Wiesenweg darf ich auch als erstes gehen, bevor aber wahrscheinlich die Sonne schneller sein wird als möglicherweise andere Menschen. Wie ein Kind stobe ich den Frost mit den Schuhen auf & erfreue mich daran. Für die Sicht auf die Schrammsteine steht die Sonne ungünstig, aber die anderen Weitsichten sind nicht weniger gut. Vor Altendorf will die SD-Karte des Handys nicht mehr weiterarbeiten.. naja, es gibt schlimmeres. Ich durchquere den Ort, ein alter Hof wurde wieder hergerichtet, hier & da hübsche Häuser, aber von der örtlichen Hauptstraße sieht man nicht ganz so viel.

Es geht weiter über Wiesen & Wälder. Der Frost zaubert wunderschöne Bilder, könnte mich wie so oft in Details verlieren. Eine Vogelschar fasziniert mich, Stare & Finken. Sie halten Sicherheitsabstand, fliegen aber nie ganz weg. Zu groß scheint der Hunger zu sein. Mittelndorf kommt in Sicht, diesmal führt der Weg quer durchs Dorf & das ist wirklich interessant. Besondere Häuser & Höfe sind mit Erklärungstafeln ausgestattet. Mit viel Liebe zum Detail war man hier tätig, die Tafeln sind wunderschön gestaltet. Und ja, eine Reise von 1000 Meilen beginnt immer mit dem ersten Schritt... Ein Umgebindehaus, sorbischen Ursprungs... Da bin ich ja mal auf den nächsten Teil der Reise - den Spreewald - gespannt. Am Ortsrand kann man wohl campen & zelten, was auch jemand macht. Hut ab. Weiter geht's. Die Sonne hat den Frost inzwischen fast verschwinden lassen, nur die Schatten natürlich nicht. Mir ist warm, ich ziehe erst einmal einen Teil aus. Nichts geht über das Zwiebelprinzip. Blick rüber zur Hohen Liebe & Kleinen Liebe. I'm a big big girl in a big big world - schießt mir da in den Kopf & vergeht so schnell auch nicht mehr. Die Kühe auf der Weide haben eine gute Aussicht & sind knuffig, sie bekommen ihr dickes Fell. Wie neugierig sie sind, wenn eine etwas macht, was keine sonst macht. Aufsehenserregend.

Am nächsten Wegweiser grübele ich über meinen weiteren Weg nach. Geplant war jetzt über den Beuthenfall ins Kirnitzschtal abzubiegen. Aber irgendwie ist's hier zu schön... Ein altes Ehepaar holt mich ein. Er sagt, da kommen Sie ganz sicher nach Lichtenhain. Ich antworte, ja schon, aber ich weiß noch nicht, wie ich weiterlaufen will, ob durchs Tal oder weiter auf dem Panoramaweg. Er, da gehen Sie sicher in der Sonne, im Tal ist Schatten. Ich, ja, das stimmt wohl, aber das Tal ist sicher auch nicht schlecht... Seine Frau meldet sich zu Wort, ich solle den Panoramaweg Richtung Bad Schandau gehen. Er, da kommt sie doch gerade her. Er redet weiter, aber seine Frau sieht mich an & trotz ihrer Sonnenbrille weiß ich, dass sie mich ganz genau (an-)sieht & sagt, na, Sie finden schon den rechten Weg, hm. Schönen Tag noch. Wünsche ich den beiden auch & gehe weiter den Panoramaweg Richtung Lichtenhain. Die Begegnung hat mich verwirrt. Sie meinte damit eins ganz sicher nicht, den Wanderweg. Und ich weiß nicht, was soll das bedeuten... Ein Schild steht dort, ich hätte es normal nie gesehen. Es beschreibt wahrlich mein Leben. "Ich bin schon lange unterwegs, ich kenn' die Berge, Dorf & Tal & doch, mit jedem neuen Tag seh' ich die Welt zum ersten Mal." (Hermann Lemme). Und ich weiß wieder nicht, was soll es bedeuten... Ich quere einen kleinen Wald & einen Teich, wieder eine Wasseramsel, es gibt viele hier, bevor ich mich auf matschigen Wiesen fast auf die Mappe lege. Es geht wieder bergauf, Lichtenhain kommt in Sicht. Zum ersten Mal sehe ich einen Friedhof, ich hatte mich schon gefragt, ob hier nicht jeder Ort einen hat. Ein paar Leute kommen mir entgegen, aber innerhalb der letzten 3,5 Stunden (bin ich schon wieder so lange unterwegs?) hielten sich die Begegnungen stark im Rahmen. Bisher also gute Wege gewählt. Die blaue Scheune hat's mir angetan, das Haus dahinter ebenfalls. Der Lichtenhainer Hof, auch sehr hübsch. Am Dorfplatz thront das Erblehngericht mit Ballsaal. Und schnuckligen Dorfladen im Tante-Emma-Stil mit Touri-Angebot. Sehr cool, das unterstütze ich, indem ich einen kleinen Tonwichtel kaufe. Und eine süße Tüte für unterwegs. Vorbei an der Kirche, überquere ich den Berghof Lichtenhain, sehr schön gemacht. Früher diente er dem Jagdgeschehen, als die Gegend noch wildreich war. Ich frage mich zum ersten Mal, ob man das Fleisch von Jägern wie Bär & Wolf auch genutzt hat. Eine Schafherde empfindet das laute Papiertütenkrascheln als sehr attraktiv & stehen quasi Schlange. Kannte ich auch noch nicht.

Der Weg führt über die Wiesen hinab in den Wald, zum Lichtenhainer Wasserfall. Ich habe diese eine Liedzeile im Kopf, was sind schon 1000 Meilen... Früher zwar sehr weit, aber nicht unmöglich. Heute, tzja, anders. Am Lichtenhainer Bach geht's hinab, zum Kirnitzschtal, Bahnendhaltestelle, Gastronomie. Der Wald leuchtet so schön, in allen möglichen Farben, da sieht selbst braun bunt (rot) aus. 12 Uhr, wenig los. Mir fällt auf, dass ich bisher gar keine MTBs gesehen habe, Habe sie aber auch nicht sonderlich vermisst. Spechte gibt's hier viele, man hört sie ständig. Wenn ich so an die Menschen hier denke, kann man sie schon als misstrauisch gegenüber Fremden sehen. Vielleicht liegt es am (unbegründeten?) schlechten Ruf, ihrem Dialekt, den niemand wirklich leiden kann, die Tatsache, dass sie hier im tiefsten Osten leben & die NPD hier bestehen kann. So manch einer ist vielleicht wirklich nicht der beste Gastgeber. Trotzdem mag ich sie irgendwie. Der Weg zum Wasserfall bietet auf ganzer Länge schönes Licht & einen tollen Duft. Der Wasserfall selbst ist hingegen aber irgendwie enttäuschend. Die Gaststätte daneben geht so, sie ist auf schnelle Touristenabfertigung getrimmt. Unmengen an Menschen. Autos. Da kommt die Bahn & auch das enttäuscht mich ein bisschen. Es ist quasi eine Straßenbahn, auf 1000m Spur... Ehm ja, nun gut. Ich ziehe schnell von dannen & komme an der Haidemühle vorbei. Als Mühle abgebrannt, später inklusive Schankrecht wieder aufgebaut, damals ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Und jetzt? Alles akut einsturzgefährdet & mehr als lost. Ich sehe später beim Namens-Googlen, dass ein Teil unter Denkmalschutz steht, weshalb man sie noch nicht mal eben abreißen kann. Deutschland & seine Rechte... Lieber unter Denkmalschutz verrotten, als etwas dagegen zu tun oder schweren Herzens abzureißen.

Lost ist hier vieles. Das habe ich schon gemerkt, wie schmal der Grat zwischen Pracht & Verfall ist. Ich kann es nur manchmal nicht verstehen, wieso man da nichts gegen machen kann. An dem Beuther Fall ist es das gleiche Bild: Eine ehemalige Gaststätte, abrisswürdig, abgesperrt, der Beuther Fall irgendwo dahinter verschollen. Unweit davon entfernt, ebenfalls ein dem Untergang geweihtes Haus, es war wohl auch ein Gasthaus, sehr schön an der Kirnitzsch gelegen. Es ist irgendwie Ironie. Früher war Wandern verpönt, ein Alte-Leute-Hobby. Der Wander-Boom des letzten Jahrzehnts kam für viele zu spät - egal, ob Gasthäuser, Pensionen, kleine Dorfläden. Was es früher zuhauf gab, beschränkt sich heute auf ein kleines Angebot, was meist überteuert & nicht immer so gut ist. Wenn es denn dann überhaupt geöffnet hat. Mehr als schade für die, die aufgeben mussten. Ich würde gerne so ein altes Haus kaufen, der Wunsch wird immer stärker. Ein Traum. Einer, den ich realisieren möchte. Aber dazu muss ich entweder die passende andere Hälfte finden oder im Lotto spielen. Und gewinnen. Wird beides so schnell nicht vorkommen. Hier ist übrigens fast Massentourismus angesagt, alle parken wie wild in jeder denkbaren Ecke. Während die einen ihr Parken bezahlen müssen, nutzen die anderen jeden Graben & Flecken. Furchtbar. Ich nutze den Flößersteig, er wird als schwieriger Weg angegeben. Ist tatsächlich nicht ohne, gefällt mir sehr gut, muss ich irgendwann noch einmal gehen. Rechts & links erheben sich riesige Felsen, manche gelb gesprenkelt, sandsteinig oder moosig. Beeindruckende Kulisse. Kalt ist's hier übrigens, durch die Feuchtigkeit des Flusses. Da wird von Felsabbrüchen gesprochen... dann war das Tal sicher mal enger.

An einem Parkplatz mache ich Mittagspause, das ist zwar nicht besonders gemütlich, aber endlich was zum Sitzen & dank der Regenschutzhülle der Kamera bekomme ich keinen nass-kalten Hintern. Wenn ich mir so die aktuelle Wandermode ansehe, liegen Leggings wohl voll im Trend. Selbst bei Männern - in Kombination mit Shorts, echt jetzt? Ist das nicht kalt? Und irgendwie nervig zum Pinkeln oder? Ich dagegen so, voll gegen den Trend, weite Trekkinghose, Wanderstiefel, große Multifunktionsjacke, unauffällig gefärbt. Und der Hut natürlich, der Hut. Ich sehe zu einhundert Prozent nicht zeitgemäß aus. Mir egal. Mit dem Trend hatte ich es ja noch nie. Rund um die Hohe Liebe ist das Verkehrsaufkommen etwas erhöht, aber noch erträglich. Es geht gut bergauf, der Wald zwischenzeitlich geteilt - auf der einen Seite Laubwald, auf der anderen voll moosig. Braun & Grün. Sieht aber irgendwie witzig aus. Immer diese Treppenstufen! Haben Schweizen wohl an sich. Beim letzten Aufstieg komme ich noch gut ins Schwitzen. Der Gipfel der Hohen Liebe ist etwas überfüllt, ich mache stoisch meine Bilder & sehe zu, dass ich schnell wieder Land gewinne. Die Aussicht ist okay, aber leider nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.

Eine lärmende Jugendgruppe zieht an mir vorbei. Ein Mann merkt nicht, dass ich weder seine Frau noch seine Tochter bin. Verlegen sagt er, da spreche ich wohl mit der falschen Frau. Jaa, tust du, aber nicht schlimm. Auf dem Weg hinab merke ich, dass es wieder kälter wird. In zweieinhalb Stunden wird's dunkel. Ich gönne mir noch einen Tee & es kommt, wie es kommen muss, der Becher kippt vom Bein, auf Arm, Hand, Kamera, Hose. Ich schaue sofort nach der Kamera, bei der ist alles gut. Der Jackenärmel riecht jetzt nach Sanddorn-Mango, die Hose ist bis zu einem gewissen Grad wasserabweisend. Keine Ahnung, welches schlechte Karma das wieder zu verantworten hat. Nach Ostrau gehe ich etwas schneller, es gibt nicht viel zu sehen, außerdem mehr Absteiger wie ich. Der Falkenstein, was ein krasses Teil, steht da wie ein Klotz in der Landschaft. Es wird ein Aussichtspunkt ausgeschildert, die Emmabank, zehn Minuten entfernt. Ich stelle mir vor, dass es dort am Ende der Wiese sein muss, mit Blick auf die Schrammsteine vielleicht? Ja, von wegen. Erstens ist die Emmabank mehr als zehn Minuten entfernt & zweitens kann man von dort aus auf die Elbe blicken... Egal, jetzt gehe ich dahin, umkehren ist eh nicht mein Ding. Und Bad Schandau kann warten. Und davon abgesehen lohnt es sich auch. Der Blick ist schon sehr cool, am Ende ist es eines meiner Lieblingsfotos. Das Licht ist unschlagbar gut. Selbst wenn man nicht auf die Steine blicken kann, dafür stehe ich zu niedrig. Auf der anderen Elbseite fährt ein Zug nach Tschechien. Ich muss an die vielen Auto-Waggons denken. Skoda Skoda. 

Der Weg zurück nach Ostrau ist toll, die Sonne taucht den Buchenwald in goldenes Licht, unten schimmert die Elbe. Ich durchquere Ostrau, es scheint ein Kurort zu sein. Die Sachsen mögen ihre Häuser auf jeden Fall bunt. Auch wenn hier der Verfall ebenfalls gegenwärtig ist, was ich gar nicht oft genug erwähnen kann. Schade. Es geht steil hinab zurück ins Kirnitzschtal, das muss ich wohl gleich auch alles wieder rauf zum Parkplatz gehen.

Die Sonne geht unter, als ich das Tal durchquere. Ein Botanischer Garten am Berg. Ein Dekorahaus - Haus der Dekateure. Nie gehört. Die Bahn fährt wieder vorbei. Heißt es eigentlich Sächsische Schweiz oder Elbsandsteingebirge oder ist das ein & dasselbe? Im Zickzack verläuft der Weg den Berg hoch. Schon wieder Stufen. Ein Schwarzspecht, zur Abwechslung mal ein Schwarzer. Hinter den Bäumen färbt sich der Himmel von gelb über rosa zu rot. Ich bin gerade rechtzeitig zum Anbruch der Dämmerung am Auto. Zwanzig Kilometer später. Oder so. Jetzt muss ich noch tanken. Hier gehen die Uhren definitiv anders, mein Payback Pay funktioniert nicht & an der anderen Zapfsäule steht ein Düsseldorfer. Der erste NRWli aus meiner Region! Auf gewohnten Wegen geht es zurück zur Ferienwohnung, vor mir fährt einer, der sich an den kurvigen, absolut zu engen Stellen darum kümmert, dass wir da heil & ohne Zusammenstoß mit anderen hindurch kommen - dank hektischer Lichthupennutzung. Kam aber keiner. Ich bin schachmatt. Es reicht für heute & die sächsische Schweiz, du wunderschönes Land, du!

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